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Ruhiges Pferd = sicheres Pferd?

Es ist doch immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich Pferde interagieren und sich gegenüber dem Menschen verhalten. In meiner Arbeit als Pferdetrainerin bzw. Unterstützer der Besitzer fällt mir immer wieder auf: Gerade die ruhigen Pferde machen am meisten Probleme. Sie lassen sich nicht bewegen, verhalten sich wie "eingefroren", rempeln, reagieren nicht auf Hilfen und Körpersprache, sind faul und triebig. Der Mensch daneben ist schier am verzweifeln. Mir wird schnell klar: Das Pferd lässt uns buchstäblich am langen Arm verhungern. Aber nicht nur das ist anstrengend und nervenaufreibend. Wirklich problematisch wird es, wenn dieses Pferd plötzlich wirklich erschrickt, flüchtet, eine Gefahr für sich ausmacht. Dann reagieren gerade diese Pferde regelrecht explosiv und werden zu einer echten Gefahr für sich und andere. Das wirklich schlimme daran: Durch die ruhige Art fällt niemandem auf, was gerade in diesem Pferd vorgeht. Sie zeigen es nicht, sind regungslos. Ich kann also nicht im Vorfeld ausmachen, was als nächstes passieren wird. Gerade bin ich bei einer polnischen Warmblutstute, die an sich ein unheimlich ruhiges, liebes Pferd ist. Sie kann eine ganze Zeit lieb mitmachen, wird viel gelobt, ist etwas triebig und bleibt gern mal stehen. Dann plötzlich und ohne Vorwarnung steigt sie, tritt aus und buckelt, bis der Reiter fliegt. Vielleicht hat sie sich erschrickt, ein Auslöser ist nicht wirklich erkennbar. Dieses Pferd ist unberechenbar. Die Besitzer sind völlig schockiert, bekommen natürlich Angst. Der Kontrollverlust und die Heftigkeit sind massiv. Ich persönlich gehe dann an die Basis zurück: Ich arbeite am Grundvertrauen des Pferdes in uns Menschen. Ich erwarte wieder mehr Lebendigkeit vom Pferd, mehr körpersprachliche Reaktionen. Dies erreiche ich durch Freiarbeit in einem überschaubaren, eingezäunten Bereich. Hier hat das Pferd die Möglichkeit, sich mir zu entziehen, ich kann es nicht festhalten, es darf von mir weggehen. Dennoch beginne ich, über das Pferd zu bestimmen. Ich entscheide über die Gangart und Richtung, ich entscheide, wann es eine Pause bekommt, indem ich den Druck wegnehme. Interessant ist, dass die meisten Pferde nun plötzlich beginnen, ihren Unmut offen zu zeigen. Sie legen die Ohren an, buckeln, steigen, rasen los, versuchen, die Richtung zu ändern etc. Für mich ein gutes Zeichen: Endlich zeigt das Pferd seine waren Gefühle. Endlich eine Gesprächsgrundlage! Nun kann ich wirklich beginnen, mit ihm zu arbeiten, ihm zu helfen, sich mir anzuschließen. Ziel ist die Partnerschaft mit dem Pferd, welche auf Vertrauen fußt. Im besten Fall (und vorher beende ich die Einheit nicht), schließt sich das Pferd mir an und begleitet mich. Der Gesichtsausdruck und die Körpersprache verändert sich, es schleckt und kaut und wird irgendwie "weicher". Mehrere solcher Einheiten sollten folgen, um das Gelernte zu festigen. Meiner Erfahrung nach ändert sich der gesamte Umgang mit dem Pferd auch und vor allem im Alltag. Besitzer berichten, das Pferd lässt sich nun ganz einfach von der Weide holen, es wird aufmerksamer, freundlicher, offener und zugewandter. Die Basis für gemeinsames Lernen ist geschaffen.

Wer mehr darüber wissen möchte, oder genau so ein Exemplar im Stall stehen hat, meldet sich gern bei mir. Ich freue mich auf die gemeinsame Zeit.


Eure Katharina

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